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Monat: September 2017

Vorschau auf 2018 (1)

Vorschau auf 2018 (1)

Wie im letzten Beitrag bereits angekündigt, ist der Editionsplan für 2018 von mir aus erfreulichem Anlass abgeändert worden. Zwei Bände sind für das kommende Jahr geplant, der eine für den Frühsommer und der zweite für die Vorweihnachtszeit.

Erscheint Frühsommer 2018

Zunächst erscheint als Band XVI der Marburger Ausgabe Die alte spanische Urkunde. Strubberg war es für diesen Roman nach vielen Jahren wieder einmal gelungen, einen Vorabdruck in einer Tageszeitung zu platzieren: Wie schon Der Sprung vom Niagarafalle (AW-MA VIII) erschien auch Die alte spanische Urkunde in der auflagenstarken Kölnischen Zeitung, und zwar in insgesamt 35 Fortsetzungen zwischen Mitte Januar und Anfang März 1872. Die im gleichen Jahr erfolgte zweibändige Buchausgabe war die letzte Zusammenarbeit zwischen Strubberg und seinem langjährigen Verleger Carl Rümpler, weswegen der kurze Roman eine wichtige Zäsur im literarischen Schaffen des Autors darstellt. Gemäß der Editionsrichtlinien der Marburger Ausgabe wird der Text der Zeitungsfassung präsentiert. Da dieser ohne die Band- und Kapiteleinteilung der späteren Buchausgabe veröffentlicht wurde, werden diese im Anhang aufgeschlüsselt und über die Kolumnentitel nachzuvollziehen sein.

Nach einer längeren Unterbrechung ließ der Autor im zweiten Teil dieses Romans ein weiteres Mal sein Alter Ego »Armand« auftreten. Dieser lebt jetzt als angesehener Arzt und allseits respektierter Bürger noch immer in dem inzwischen besiedelten Gebiet in Texas, das der Leser in früheren Romanen, vor allem in den Amerikanischen Jagd- und Reiseabenteuern (AW-MA I) und An der Indianergrenze (AW-MA IV) als noch unberührte Wildnis kennengelernt hat.  Die Handlung des Romans beginnt jedoch mitten auf dem Atlantik: Das junge Geschwisterpaar Robert und Sarah Walton hat von seinem Großvater, einem spanischen Adligen, eine Urkunde über einen alten Grant geerbt und ist auf dem Weg von Irland nach Havannah, um sich dort die Echtheit des Dokuments bestätigen zu lassen und herauszufinden, ob man immer noch Anspruch auf das Land anmelden könne. Dies wird ihnen fest versichert, und es stellt sich heraus, dass das riesige Gebiet in Alabama am Golf von Mexiko liegt und auch die reiche Handelsstadt Mobile umfasst. Die gutherzige Sarah möchte niemanden von Haus und Hof verjagen und deshalb auf den Anspruch verzichten, doch in der Aussicht auf den unermesslichen Reichtum, der ihnen winkt, entschließt sich Robert, nach Mobile zu reisen und den Grant in Besitz zu nehmen. Als die Geschwister dort einen Advokaten engagieren, der vor Gericht ihren Anspruch durchsetzen soll, nimmt das Unheil seinen Lauf… Sarah flieht nach Texas, wo sie sich unter falschem Namen versteckt hält, und dort lernt sie Armand kennen, der sich des verzweifelten Mädchens annimmt.

Von »Berenice« zu »Ralph Norwood«

Von »Berenice« zu »Ralph Norwood«

»Wie bei fast allen von Strubbergs Werken sind auch über die Niederschrift von Ralph Norwood keine Quellen überliefert.« So steht es auf Seite 886 im Anhang des kürzlich erschienenen Bandes V der Marburger Ausgabe, »Ralph Norwood«. Der Band befand sich Ende Juli gerade im Druck und ich mich im Urlaub an der Nordsee, als mich ein mehr als erfreuliches Schreiben erreichte, welches den zitierten Satz obsolet machte: Aus einem Privatarchiv sind mir vierzehn Briefe Strubbergs zur Kenntnis gebracht worden, die dieser im Laufe des Jahres 1859 an seinen langjährigen Verleger Carl Rümpler gerichtet hat, und die sowohl Auskunft über die Anfänge dieser Geschäftsbeziehung als auch einige kleine Informationen über die Entstehung von »Ralph Norwood« beinhalten. Dazu am Ende dieses Beitrages mehr…

Besonders interessant sind die Briefe aber vor allem, weil sie ausführlich den Drucklegungs- und Auslieferungsprozess von »An der Indianergrenze« dokumentieren, den Strubberg im März 1859 Rümpler noch unter dem ursprünglich geplanten Titel »An der Frontier« anbot – und dabei eine ganz ähnliche Verhandlungstaktik an den Tag legte wie schon vier Jahre zuvor bei Cotta (nachzulesen im Anhang von Band I der Marburger Ausgabe, »Amerikanische Jagd- und Reisebenteuer«). Mein großer Dank geht an dieser Stelle an die Eigentümerin der Briefe, die ich bei zwei ausführlichen Besuchen als eine wunderbare und herzliche, inzwischen pensionierte Kollegin kennengelernt habe, die mir die Verwertung der Briefe im Rahmen der Marburger Ausgabe großzügig gestattet hat. Daher also (Editions-)Planänderung! Den ursprünglich für 2018 geplanten Band »Bis in die Wildniß« werde ich um ein Jahr verschieben, um im kommenden Jahr stattdessen »An der Indianergrenze« vorzulegen.

Aber nun zurück zu »Ralph Norwood«… Am 26. März 1859 schrieb Strubberg an Rümpler: […] im September lege ich Ihnen ein neues, sehr bedeutendes Werk »Berenice« vor […]. Demnach sollte in der ursprünglichen Planung Ralph Norwoods Tochter Berenice die Protagonistin des Romans sein. In der endgültigen Fassung kommt sie jedoch nur im letzten Fünftel (!) des umfangreichen Romans vor. Mit der Kenntnis dieses Briefes erklärt sich somit auch der erkennbare Bruch in der Handlung von »Ralph Norwood« am Ende des vierten Bandes und insbesondere die dort erst erfolgende, im Rahmen der Gesamtkonzeption des Romans deplatzierte Einführung der Farland-Figur, einer offensichtlichen Variation des pseudoautobiographischen Protagonisten aus »Bis in die Wildniß«. Bei der ersten Lektüre des Briefes musste ich daher unwillkürlich an Richard Wagners »Ring des Nibelungen« denken. Diesen hatte Wagner auch mit »Siegfrieds Tod« (der späteren »Götterdämmerung«, der letzten Oper der Tetralogie) begonnen und sich dann in der Handlung immer weiter zurück gearbeitet. Am Ende einer jahrzehntelangen Werkgenese war nicht mehr Siegfried, sondern waren Wotan und Brünnhilde die tragenden Figuren des Gesamtzyklus geworden.