Werk

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Alle Nachrichten aus jenen Gegenden sind bis jetzt nur noch vom Hören Sagen zu dem Publicum gelangt, und tragen daher mehr oder weniger noch den Mangel der Dichtung, während meine Schilderung dem Leser ein treues Bild von dem Leben und den Gefahren eines Frontierlebens vom Anbeginn bis zu heute, wo es durch die Cultur verdrängt wird, vorführt. Doch auch diejenigen, welche sich nur für Naturgeschichte, für den Reitz den noch unbekannte Länder auf den Menschen ausüben, oder nur für wilde Romanze interessiren, werden meine Mittheilungen mit Theilnahme empfangen (…)

In diesen Zeilen, mit denen Strubberg dem Cotta-Verlag im Jahr 1855 seine Amerikanischen Jagd- und Reiseabenteuer zum Druck anbot, ist sein gesamtes späteres Schaffen bereits programmatisch angelegt. Ähnlich wie Balduin Möllhausen (1825-1905) setzte er sich zum Ziel, den amerikanischen Westen seinen Lesern in spannender Form näher zu bringen und war damit ein Vertreter der Literaturgattung, die Andreas Graf so treffend als »ethnographischen Gesellschaftsroman« bezeichnet hat. Weit stärker als Gerstäcker oder Möllhausen gab er jedoch vielen seiner Romane einen autobiographischen Anstrich, indem er zwar in der dritten Person erzählte, seinen Helden aber »Armand« nannte und damit die Grenze zwischen Autor- und Erzähler-Ich bewusst aufhob. Wie geschickt er dies tat, kann man an den bisherigen Studien zu seiner Vita ablesen, denn oftmals füllten die Biographen die großen Lücken in der Quellenüberlieferung zu Strubbergs Leben notgedrungen mit diesen vermeintlich autobiographischen Erzählungen. Der Erfolg seiner nahezu im Jahresrhythmus erschienenen Bücher ließ ihm jedoch in späteren Jahren den Stoff des aus eigener Anschauung Erlebten ausgehen. So hat er beispielsweise den in In Süd-Carolina und auf dem Schlachtfelde von Langensalza thematisierten amerikanischen Sezessionskrieg nur noch aus dem heimatlichen Kassel verfolgen können. Dem Erfolg seiner Bücher und seiner Beliebtheit beim Leserpublikum tat dies jedoch zunächst keinen Abbruch. Erst als sein Stern Ende der siebziger Jahre zu sinken begann, widmete er sich auch anderen literarischen Gattungen, und es ist eine Ironie dieses Schriftstellerlebens, dass er das, was er am Anfang seiner Karriere als Mangel bezeichnete, nun zu seinem höchsten Ziel erkor: Wie auch Möllhausen, Gerstäcker und später Karl May versuchte er sich erfolglos als Dramatiker – am Ende seines Lebens wollte er unbedingt als »Dichter« anerkannt werden.

Armands Werke, die denen eines Balduin Möllhausen oder Friedrich Gerstäcker nicht nachstehen, sind heute weit weniger bekannt als die seiner vorgenannten Zeitgenossen, deren Popularität er zu Lebzeiten teilte. Dies ist vor allem zwei Umständen geschuldet, deren erster den zweiten bedingt: Dem Autor gelang es trotz intensiver Bemühungen nicht, seine Schriften in einer großen, repräsentativen und durch einen günstigen Verkaufspreis in hohen Auflagenzahlen gedruckten Gesamtausgabe zu verbreiten. Mehrfache Verlegerwechsel und der Bankrott seines Hauptverlegers Carl Rümpler mit den anschließenden juristischen Streitigkeiten um die Verlagsrechte an den dort erschienenen Werken war einer der Gründe. Besonders aber, dass er die Rechte an seinen mit Abstand populärsten Werken Amerikanische Jagd- und Reiseabenteuer und Carl Scharnhorst vollständig abgetreten hatte, machten die Herausgabe einer Werkausgabe für jeden Verleger finanziell unattraktiv. Dadurch waren viele der Bücher Armands schon bald in öffentlichen Bibliotheken kaum noch zugänglich, und insbesondere die späten Werke wie Zwei Lebenswege oder Die geraubten Kinder sind heutzutage selbst in großen privaten Spezialsammlungen deutschsprachiger Reise- und Abenteuerliteratur selten. Zudem existiert bis heute keine vollständige und in allen Details zuverlässige Bibliographie der zu Armands Lebzeiten erschienenen Ausgaben seiner Werke. Im Zuge der Arbeit an der Marburger Ausgabe wird auch diesem Umstand abgeholfen.